Luxemburg, 12. November 2024 – Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) im EU-Parlament hat eine Reihe von Änderungen an der EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) [1] vorgeschlagen. Laut Greenpeace würde eine Annahme dieser Änderungen durch eine Plenarabstimmung des Europäischen Parlaments am 14. November das Gesetz erheblich schwächen. Alle bisher getroffenen Vorbereitungen für die Umsetzung des Gesetzes würden dadurch zunichte gemacht und könnten zu Chaos und Unsicherheit innerhalb des Rechtsrahmens führen.

Die EU-Verordnung zum Schutz der Wälder wurde 2022 angenommen und soll ab dem 30. Dezember dieses Jahres in Kraft treten. Der Luxemburger Europaabgeordnete und designierte Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung, Christophe Hansen, war Berichterstatter dieser Verordnung für das Europäische Parlament. Etliche Unternehmen haben bereits in die Einhaltung des Gesetzes investiert, während andere nationale und unternehmerische Interessenvertreter vehement Lobbyarbeit betrieben haben, um das Gesetz zu schwächen und zu verzögern. 

Am 2. Oktober 2024 hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, die Umsetzung der Verordnung um ein Jahr zu verschieben. In ihrer Ankündigung betonte die Kommission, dass die Verzögerung „in keiner Weise den Inhalt oder die Ziele des Gesetzes in Frage stellt“. Die von der EVP vorgeschlagenen Änderungen tun jedoch genau das [2]. 

Keine andere Partei im Europäischen Parlament hat Änderungen am Vorschlag der Kommission vorgelegt, der von der EVP-Parteikollegin und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen selbst vorgestellt wurde. 

„Die Wälder der Welt brauchen dringend den Schutz, den die EU-Entwaldungsverordnung bietet. Die politischen Entscheidungsträger:innen der EU dürfen ihre Verpflichtung gegenüber der EUDR nicht missachten. Die EU würde die Glaubwürdigkeit als globaler Vorreiter im Kampf gegen den Klimawandel, den Verlust der Artenvielfalt und Menschenrechtsverletzungen erheblich untergraben, wenn sie die Anwendung der EUDR verzögern und den Forderungen von Interessensgruppen nachgeben würde“, erklärt Martina Holbach, Kampagnerin bei  Greenpeace Luxemburg. „Wir fordern die Luxemburger EU-Abgeordneten auf, alle diese Änderungsanträge abzulehnen, die eindeutig darauf abzielen, das Entwaldungsgesetz zu schwächen und zu verunstalten. Sie müssen auch den ursprünglichen Vorschlag der Kommission ablehnen, die Anwendung des Gesetzes zu verzögern. Angesichts des Klimanotstands können wir uns keine Verzögerungen beim Schutz der Wälder leisten.“ 

Nehmen die Abgeordneten die Änderungsanträge zum Kommissionsvorschlag am 14. November an, müssen sie anschließend in Verhandlungen mit den Regierungen der Mitgliedsstaaten treten. Diese haben auf Botschafterebene bereits zugestimmt, die Anwendung der EUDR um ein Jahr zu verschieben, wollten aber keine weiteren inhaltlichen Änderungen an dem Gesetz vornehmen.


Notizen:

[1] Die EU-Verordnung zum Schutz der Wälder (EUDR) ist ein bahnbrechendes Gesetz, das europäischen Verbraucher:innen garantiert, dass Produkte aus Erzeugnissen wie Soja, Rindfleisch, Holz und Palmöl in ihren Supermarktregalen nicht in Zusammenhang mit der Abholzung von Wäldern stehen.

[2] Nach Ansicht von Greenpeace stehen die Änderungsanträge der EVP im Widerspruch zu der Absicht der Kommission, den Inhalt des Gesetzes nicht zu ändern. Sie verzögern die Anwendung des Gesetzes um zwei Jahre im Vergleich zu dem von der Kommission vorgeschlagenen einen Jahr. Darüber hinaus untergraben die Änderungsanträge die Ziele und die Wirksamkeit der EUDR, indem sie Schlupflöcher durch die Schaffung einer neuen Länder-Benchmarking-Kategorie (die so genannte „No-Risk“-Kategorie) einführen, obwohl die EUDR bereits eine „Low-Risk“-Kategorie umfasst, die Länder mit einem „außergewöhnlichen“ Risiko der Entwaldung abdeckt. Sie führen zu einer ungerechtfertigten Diskriminierung zwischen den Ländern und öffnen damit die Tür für eine Anfechtung durch die WTO. Gleichzeitig fordern sie einen intensiveren Dialog mit den WTO-Mitgliedern, um die Umsetzung und Durchsetzung des Gesetzes zu erleichtern, und entbinden schließlich die großen Händler von der Verpflichtung, entwaldungsfreie Lieferketten zu gewährleisten, deren Einbeziehung in die EUDR der Schlüssel zur Vereinfachung der Einhaltung und Durchsetzung ist.