Amsterdam / Luxemburg, 26. März 2024 – Seit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 haben europäische Banken rund 256 Milliarden Euro an Krediten an Unternehmen vergeben, die Wälder, Savannen und andere klimakritische natürliche Ökosysteme gefährden. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie, die heute von Greenpeace International, Milieudefensie (Friends of the Earth Niederlande) sowie Harvest veröffentlicht wurde und die von anderen Nichtregierungsorganisationen [1] unterstützt wird. 

Die Studie basiert auf Daten, die von der unabhängigen Forschungsorganisation Profundo zusammengestellt wurden. Die Studie konzentriert sich auf JBS, Cargill, Sinar Mas und andere weltweit führende Produzenten, Verarbeiter und Händler von Soja, Rindern, Palmöl, Kautschuk, Holz und anderen Rohstoffen, die ein hohes Risiko der Ökosystem-Zerstörung bergen, sowie auf die Finanzinstitute, die diese Unternehmen finanzieren. Die EU ist das zweitgrößte globale Finanzzentrum, das diese Rohstoffsektoren finanziert.

Der Bericht zeigt, dass einige der größten Banken mit Sitz in der EU, wie BNP Paribas, Santander, Deutsche Bank, ING Group und Rabobank, zwischen 2016 und Anfang 2023 22,1 % der gesamten weltweiten Kredite an Großunternehmen in naturgefährdenden Sektoren vergeben haben. Die überwiegende Mehrheit (86,6 %) dieser Kredite kam von Banken mit Sitz in Frankreich, den Niederlanden, Deutschland und Spanien. Banken, Pensionsfonds und Vermögensverwalter mit Sitz in der EU stellten außerdem 9,4 % der weltweiten Investitionen in naturgefährdende Sektoren bereit. [2]

Die Organisationen, die den Bericht veröffentlichen, fordern eine europäische Gesetzgebung, um den Geldfluss an Unternehmen zu stoppen, die die Natur zerstören, und die den Finanzsektor mit den globalen Klima- und Biodiversitätszielen in Einklang bringt.

Martina Holbach, Kampaignerin bei Greenpeace Luxemburg, erklärt: “Europa stellt sich gerne als Vorreiter in Sachen Klima- und Naturschutz dar, schaut aber weg, wenn seine Banken Geld in Unternehmen stecken, die mit massiver Naturzerstörung und damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen in Verbindung stehen. Es gibt zahlreiche Verbindungen zwischen dem europäischen Finanzsektor und der Zerstörung von Ökosystemen. Wir können die Klimakrise und den ökologischen Kollaps nicht bekämpfen, während wir gleichzeitig die Ausrottung finanzieren.”

Die im Mai 2023 verabschiedete EU-Verordnung gegen die Abholzung von Wäldern [3] ist ein erster Schritt zur Erfüllung der globalen Klima- und Biodiversitätsverpflichtungen der EU. Sie zielt darauf ab, die Auswirkungen des EU-Konsums zu verringern, indem Unternehmen verpflichtet werden, nur entwaldungsfreie und legal hergestellte Produkte in der EU zu verkaufen. 

Die derzeitigen EU-Vorschriften beziehen sich zwar auf physische Produkte, die Wälder gefährden und die auf dem EU-Markt in Verkehr gebracht werden, nicht aber auf die Geldströme, die in die Zerstörung von Ökosystemen fließen. Die Europäische Kommission hat einen Zeitplan aufgestellt, um die Rolle des Finanzwesens bei der Entwaldung und Waldschädigung zu überprüfen und gegebenenfalls bis Juni 2025 einen Gesetzesvorschlag vorzulegen. 

Vier der fünf Finanzinstitute, die die höchsten Kreditbeträge an Unternehmen in Ökosystem-Risikosektoren vergeben haben, sind auch in Luxemburg vertreten. Solange es Lücken in der Gesetzgebung gibt, sind diese Finanzakteure nicht davor gefeit, in die Finanzierung von Entwaldung verwickelt zu werden”, sagt Martina Holbach [4].

Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen fordern die EU auf, diese Gesetzeslücke zu schließen und die Finanzströme zur Naturzerstörung zu stoppen. Die EU muss sich vielmehr darum bemühen, die Geldströme so zu lenken, dass sie die Wiederherstellung von Ökosystemen und die Umstellung auf eine widerstandsfähigere und ökologische Landwirtschaft unterstützen.


Notizen: 
[1] AidEnvironment, Association of Ethical Shareholders Germany, BankTrack, BOS+, Deutsche Umwelthilfe, Environmental Paper Network, FairFin, Feedback EU, Global Witness, Groen Pensioen, OroVerde – Tropical Forest Foundation, Rainforest Action Network, SÜDWIND-Institut, WALHI/Friends of the Earth Indonesia, World Animal Protection, empfohlen von Federación de Consumidores y Usuarios und Finanzwende.
[2] Laut der Profundo-Analyse sind Finanzinstitute mit Hauptsitz in Luxemburg zwischen 2016 und Anfang 2023 für schätzungsweise 276 Millionen Euro an Krediten und 753 Millionen Euro an Investitionen in große Unternehmen verantwortlich, die in einem oder mehreren Sektoren tätig sind, die ein Risiko für die Ökosysteme darstellen. Es handelt sich jedoch nicht um eine umfassende Analyse des gesamten luxemburgischen Finanzsektors.
[3] Die Verordnung (EU) 2023/1115 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. Mai 2023 zielt darauf ab, das Inverkehrbringen von Produkten, die nach dem 31. Dezember 2020 zur Entwaldung oder Waldschädigung beigetragen haben, auf dem EU-Markt oder die Ausfuhr aus dem EU-Markt zu verbieten. Der Geltungsbereich des Textes umfasst sieben Commodities: Kaffee, Kakao, Kautschuk, Palmöl, Soja, Rindfleisch und Holz sowie bestimmte Nebenprodukte wie Leder, Holzkohle und bedrucktes Papier. 
[4] Dabei handelt es sich um: BNP Paribas, Deutsche Bank, ING Group und Société Générale.