Luxemburg, 11. März 2024 – Greenpeace Luxemburg hat heute eine Beschwerde gegen den staatlichen Pensionsfonds Fonds de Compensation de la Sécurité sociale SICAV FIS (FDC SICAV) bei der Nationalen Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen eingereicht [1]. Laut Beschwerde verstoßen die Investitionstätigkeiten der FDC SICAV [2] gegen die Empfehlungen der Leitsätze in den Bereichen Offenlegung von Informationen, Umwelt, Menschenrechte und Verbraucherinteressen. Greenpeace Luxemburg fordert vom FDC zum einen eine nachhaltige Investitionsstrategie, die die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen respektiert. Zum anderen muss der Fonds Due-Diligence-Prüfungen durchführen, um tatsächliche und potenzielle negative Auswirkungen im Zusammenhang mit seinen Investitionen zu ermitteln, zu verhüten und zu mindern, und einen Beschwerdemechanismus einrichten, der es Interessengruppen ermöglicht, nachhaltigkeitsbezogene Probleme zu melden.

Staatseigene Unternehmen wie der Luxemburger Pensionsfonds sollten zu den Vorreitern einer nachhaltigen Finanzwirtschaft gehören, die im Einklang mit den globalen rechtlichen Verpflichtungen der Staaten steht. Indem sie klima- und menschenrechtskonforme Strategien verfolgen, können diese Unternehmen den Übergang zu einem verantwortungsvolleren und grüneren Finanzsektor anführen“, erklärt Martina Holbach, Kampaignerin für nachhaltige Finanzen bei Greenpeace Luxemburg.

Regierungen erwarten von institutionellen Anlegern mit Verantwortlichkeiten gemäß den OECD-Leitsätzen, wie dem FDC, dass sie Due Diligence-Prüfungen in Bezug auf Menschenrechte und Umwelt durchführen und Klima- und Menschenrechtsrisiken entlang der Wertschöpfungsketten während des gesamten Investitionsprozesses berücksichtigen. Diese Investoren müssen ihre Einflussmöglichkeiten nutzen, um nachteilige Auswirkungen, die im Rahmen der Due Diligence-Prüfung festgestellt wurden, zu verhindern oder zu mildern. 

Im Februar 2023 veröffentlichte der FDC seine Investitionsstrategie für die Jahre 2023-2027. Obwohl der Fonds kleine Fortschritte bei der Verbesserung seiner Nachhaltigkeitspraktiken gemacht hat, zeigen Untersuchungen von Greenpeace Luxemburg, dass sowohl die Strategie selbst als auch ihre Umsetzung nicht den Standards für verantwortungsvolles Unternehmertum gemäß den Leitlinien entsprechen.

Der jüngste Bericht von Greenpeace Luxemburg Fonds de Compensation’s Unsustainable Investor Factsheet kommt zu dem Ergebnis, dass die FDC SICAV im Jahr 2022 in über 1.200 Unternehmen investierte, die von Pensionsfonds und anderen institutionellen Anlegern aufgrund ihrer negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt, ihres Beitrags zum Klimawandel, zur Umweltzerstörung, zu Menschenrechtsverletzungen oder ihrer Beteiligung an umstrittenen Waffen ausgeschlossen wurden. [3] Die Investitionen des FDC in diese Unternehmen belaufen sich auf über 4,5 Milliarden Euro, was 36 % des Aktien- und Unternehmensanleiheportfolios und 18,3 % des Gesamtportfolios des Fonds entspricht.

Greenpeace Luxemburg überprüfte die FDC-Investitionen im Jahr 2022 auch auf Beteiligung an Unternehmen, die auf der Global Coal Exit List sowie der Global Gas and Oil Exit List von Urgewald stehen [4] und kommt zu dem Schluss, dass die FDC SICAV immer noch in führende Kohle-, Öl- und Gasunternehmen investiert, die eigentlich aus ihren Anlageportfolios ausgeschlossen werden sollten. Derzeit schließt der FDC kein einziges Unternehmen aus Klimaschutzgründen aus.

Seit 2015 [5] setzt sich Greenpeace konsequent für eine ambitiöse und nachhaltige Investitionsstrategie des FDC ein und legte umfassende Analysen zu den Investitionen des Fonds und Expertisen zu seiner Anlagestrategie vor. Bislang hat der FDC jedoch die Empfehlungen von Greenpeace größtenteils ignoriert.

“Für Unternehmen, die sich einem verantwortungsvollen Unternehmertum verschrieben haben, ist die sinnvolle Einbindung von Interessensvertretern unerlässlich. Wir hoffen, dass diese Beschwerde dazu beitragen wird, die Grundlage für eine kontinuierliche wechselseitige Kommunikation zwischen dem Fonds und den Organisationen der Zivilgesellschaft wiederherzustellen”, schließt Martina Holbach. 


Notizen: 

[1] Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen über verantwortungsvolles Unternehmertum (RBC) sind der umfassendste internationale Standard für RBC. Die OECD-Leitsätze spiegeln die Erwartungen der Regierungen an die Unternehmen hinsichtlich eines verantwortungsvollen Handelns wider. Sie decken alle wichtigen Bereiche der unternehmerischen Verantwortung ab, einschließlich Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte, Umwelt, Korruption, Verbraucherinteressen sowie Offenlegung von Informationen, Wissenschaft und Technologie, Wettbewerb und Steuern.

Die OECD-Leitsätze verlangen, dass alle OECD-Mitglieder und Regierungen, die ihnen beitreten, funktionierende Nationale Kontaktstellen (NKS) einrichten. Letztere dienen als außergerichtlicher Beschwerdemechanismus zur Lösung von Konflikten, die sich aus angeblichen Verstößen von Unternehmen gegen die OECD-Leitsätze ergeben. Dieser Mechanismus bietet ein Gesprächsforum, indem er eine Schlichtung oder Mediation zwischen dem Beschwerdeführer und dem Unternehmen ermöglicht.

Greenpeace ist die erste Luxemburger Nichtregierungsorganisation, die eine Beschwerde bei der nationalen Kontaktstelle eingereicht hat.

[2] Der im Jahr 2004 gegründete FDC hat den gesetzlichen Auftrag, die Rücklagen des allgemeinen Rentensystems umsichtig zu verwalten und eine effektive Rendite bei gleichzeitiger Risikodiversifizierung zu erwirtschaften. Im Jahr 2007 gründete er eine offene Investmentgesellschaft mit der Bezeichnung FDC SICAV FIS, die das Vermögen in eine Vielzahl  von Wertpapieren investiert. Die Arbeitnehmer:innen der Luxemburger Privatwirtschaft sind gesetzlich verpflichtet, in das Sozialversicherungs- und Rentensystem des Staates einzuzahlen und können derzeit keinen anderen Rentenfonds wählen.

[3] Laut dem Financial Exclusion Tracker: https://financialexclusionstracker.org/

[4] https://www.coalexit.org, https://gogel.org. Beide Datenbanken werden von Finanzinvestoren weltweit genutzt, um Investitionen in Kohle, Öl und Gas auf der Grundlage klarer Kriterien aus ihren Portfolios auszuschließen.

[5] Im September 2019 erhob Greenpeace Luxemburg Klage gegen den damaligen zuständigen Minister für soziale Sicherheit, weil er keine Informationen über die Ausrichtung der Investitionen des Fonds im Hinblick auf die Ziele des Pariser Abkommens zur Verfügung stellte. Zusätzlich beklagte Greenpeace, dass der Fonds die mit seinen Investitionen verbundenen finanziellen Klimarisiken nicht offen gelegt hatte. Diese Klage verdeutlicht die Bedeutung von Transparenz und Rechenschaftspflicht bei nachhaltigen Investitionen.