Erneut schlechte Noten für Luxemburger Banken bei Greenpeace-Beratungscheck

Luxemburg, 25. Oktober 2023 – Auch ein Jahr nach Inkrafttreten der Ergänzung zur MiFID-Direktive [1] fehlt dem Bankpersonal an Fachkompetenz beim nachhaltigen Investieren. Zu diesem Ergebnis kommt ein Mystery Shopping, das Greenpeace im August und September bei fünf in Luxemburg ansässigen Banken durchgeführt hat [2]. Den Testkund:innen wurden Anlageprodukte empfohlen, die entgegen den Werbeversprechen der Fondsanbieter keine messbaren positiven Wirkungen für Umwelt und Soziales haben. Für Greenpeace belegen die Ergebnisse des Mystery Shoppings, dass Bankkund:innen beim nachhaltigen Investieren weiterhin irregeführt werden, unter Duldung von Regierung und Aufsichtsbehörden. Die Organisation fordert von der zukünftigen Regierung und den Aufsichtsbehörden wirkungsvolle Maßnahmen, um Verbraucher:innen gegen Greenwashing und Impactwashing [3] von Finanzprodukten zu schützen.

Beim diesjährigen Mystery Shopping hat Greenpeace Impact-Investmentfonds [3] bewertet, die von Luxemburger Banken angeboten werden und die damit werben, einen positiven Beitrag für die Umwelt oder für soziale Projekte zu leisten oder zur Transition beizutragen. “Wir mussten feststellen, dass kaum ein Produkt die abgegebenen Impactversprechen hielt. Die meisten Fonds investieren nur in Wertpapiere, die bereits auf dem Sekundärmarkt erhältlich sind und deshalb keinen messbaren zusätzlichen Umwelt- oder sozialen Impakt erzeugen”, erklärt Dr. Martin Granzow, Finanzexperte der Nextra Consulting GmbH und Autor des Berichts. “Mit Ausnahme eines Fonds wird keiner der angebotenen Investmentfonds den Kriterien eines Impakt-generierendes Investmentprodukts gerecht“ [4].

Auch hinsichtlich der Kompetenz der Bankberater:innen wurden erhebliche Defizite festgestellt. Bei jedem dritten Testkauf wurde ein Produkt als Impact-Produkt vermarktet, das nicht das Investitionsziel hatte, eine Wirkung zu erzielen. Zwei Drittel der Testkäufer:innen fühlten sich nach dem Beratungsgespräch nicht in der Lage, entsprechend ihrer Präferenzen für nachhaltige Investitionen zu investieren. Insgesamt konnte beim diesjährigen Mystery Shopping keine Verbesserung bei der Beratungsqualität im Vergleich zu 2022 festgestellt werden.

“Die Ergebnisse des Mystery Shoppings bestätigen, dass Kunden und Kundinnen bei ihrer Geldanlage getäuscht werden. Doch weder die Banken noch der Gesetzgeber wollen dem Greenwashing resp. Impactwashing von Finanzprodukten einen Riegel vorschieben”, erklärt Martina Holbach, Campaignerin für nachhaltige Finanzen bei Greenpeace Luxemburg. “Das Vertrauen in nachhaltige Geldanlagen wird dadurch dauerhaft geschädigt. Das kann nicht im Interesse eines “grünen” Luxemburger Finanzstandortes sein”.

Greenpeace fordert von Banken und Fondsanbietern, von Versprechungen bezüglich der Auswirkungen ihrer Investmentprodukte abzusehen und stattdessen sowohl über die positiven und negativen Auswirkungen der Unternehmen in ihrem Anlageportfolio zu berichten. Luxemburger Banken müssen die Vorgaben der Mi-FID II-Direktive konsequent umsetzen, unter anderem indem sie die professionelle Expertise für die Beratung zu nachhaltigen Investments sicherstellen.

Von der zukünftigen Regierung erwartet Greenpeace die Definition klarer Leitlinien für die Werbung von Impact-Fonds, um Impactwashing von Finanzprodukten zu vermeiden und Investor:innen zu schützen. Die Organisation fordert die Aufsichtsbehörden auf, die Verbreitung irreführender Informationen seitens der Finanzinstitute in Bezug auf die Impaktversprechen ihrer Finanzprodukte zu unterbinden.


Anmerkungen an die Redaktion:
[1] Laut MiFID II- Direktive muss seit dem 2. August 2022 das Thema Nachhaltigkeit in der Anlageberatung und der Finanzportfolioverwaltung berücksichtigt werden.
[2] Insgesamt 15 Testkäufer:innen führten 22 Beratungsgespräche in insgesamt 5 verschiedenen Finanzinstituten durch. Hierzu zählten: Banque Internationale à Luxembourg, Banque et Caisse d’Epargne de l’Etat (Spuerkeess), Banque Raiffeisen, BGL BNP Paribas und ING Groep.
[3] Der Begriff „Impact“ wird im Rahmen nachhaltiger Kapitalanlagen seit einigen Jahren inflationär genutzt. Produktanbieter vermarkten ihre Kapitalanlagen immer häufiger mit wohlklingenden Impact-Versprechen und kommen so dem Wunsch einer rasch steigenden Zahl nachhaltig orientierter Anleger nach, die mit ihren Investments neben den klassischen Rendite-, Risiko- und Liquiditätszielen zunehmend auch Nachhaltigkeitsziele verfolgen. Sie erwarten, dass ihre Investitionen in nachhaltige Finanzprodukte einen messbaren Beitrag zur Lösung ökologischer und sozialer Herausforderungen leisten.
[4] Bei der Bewertung der Wirkung eines Investments sind unterschiedliche Wirkungszusammenhänge für den Primär- und den Sekundärmarkt zu unterscheiden. Am Primärmarkt können Anleger erstmals ein Finanzprodukt zeichnen bzw. erwerben. Dies führt zu einem direkten Mittelzufluss für ein Unternehmen bzw. ein Projekt. Am Sekundärmarkt werden hingegen bereits im Umlauf befindliche Finanzprodukte gehandelt. Es erfolgt somit kein direkter Kapitalfluss in Richtung des Unternehmens oder Projekts. Der Kapitalfluss findet stattdessen zwischen verschiedenen Investoren statt.

Die Präsentation “Impact Investments – ein Beratungscheck bei Luxemburger Banken“ steht in deutscher und englischer Sprache zur Verfügung. Die Zusammenfassung der Ergebnisse steht ebenfalls in deutscher und englischer Sprache zur Verfügung.