Luxemburg, 21. Juni 2021 Sogenannte Nachhaltigkeitsfonds leiten kaum mehr Kapital in eine nachhaltige Wirtschaft als konventionelle Fonds, so das Ergebnis einer neuen Studie von Greenpeace Luxemburg und Greenpeace Schweiz. Greenpeace verurteilt diese irreführenden ‘grünen’ Marketingpraktiken und fordert von der Politik verbindliche Standards, um Greenwashing zu bekämpfen und Nachhaltigkeitsfonds in Einklang mit den Klimazielen des Pariser Klimaschutzabkommens zu bringen.

Die Studie, die 51 Nachhaltigkeitsfonds untersuchte, wurde von der Schweizer Nachhaltigkeits-Ratingagentur Inrate im Auftrag von Greenpeace Luxemburg und Greenpeace Schweiz durchgeführt. [1] Die untersuchten Fonds schafften es kaum, mehr Kapital in eine nachhaltige Wirtschaft zu leiten als herkömmliche Fonds. Damit tragen sie nicht zur Bewältigung der Klimakrise bei und täuschen Investoren, die ihr Geld verstärkt in nachhaltige Projekte investieren wollen. Die Ergebnisse der Studie werfen tiefgreifende Fragen zum Finanzplatz Luxemburg auf, der als Kompetenzzentrum für nachhaltige Finanzen beworben wird.

“Kunden “grüne” Finanzprodukte anzubieten, die – im Vergleich zu regulären Fonds – keinen relevanten Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten, ist Greenwashing”, sagt Martina Holbach, Klima- und Finanzkampaignerin bei Greenpeace Luxemburg. “Nicht nur, dass die untersuchten Nachhaltigkeitsfonds tatsächlich nicht mehr Kapital in nachhaltige Unternehmen oder Aktivitäten fließen lässt als konventionelle Fonds. Indem sie sich ‘ESG’ oder ‘grün’ oder ‘nachhaltig’ nennen, vermitteln sie den Kunden, die sich von ihren Investitionen einen positiven Effekt auf die Umwelt erwarten, eine falsche Vorstellung.”

Die analysierten Fonds zeigten keine signifikant geringere Kohlenstoffintensität als reguläre Fonds. Vergleicht man den Environmental, Social, and Corporate Governance (ESG) Impact Score von Nachhaltigkeitsfonds mit dem von konventionellen Fonds, so war ersterer nur 0,04 Punkte besser – ein marginaler Unterschied. [2] Auch die in der Studie untersuchten Investmentansätze wie “Best-in-Class”, klimabezogene Themenfonds oder “Ausschlüsse konnten nicht mehr Geld in nachhaltige Unternehmen bzw. Projekte lenken als reguläre Fonds.

Bei einem der untersuchten ESG-Fonds, der einen niedrigen ESG-Impact-Score von 0,39 erhielt, war beispielsweise über ein Drittel des Kapitals (35 %) in kritische Aktivitäten investiert, was mehr als doppelt so hoch war wie der durchschnittliche Anteil bei den konventionellen Fonds. Die meisten der kritischen Aktivitäten waren fossile Brennstoffe (16 %, davon die Hälfte Kohle und Öl), klimaintensiver Transport (6 %) sowie Bergbau und Metallproduktion (5 %).

Diese irreführende Vermarktung ist möglich, weil Nachhaltigkeitsfonds nicht verpflichtet sind, eine messbare positive Wirkung zu erzielen, auch wenn ihr Titel eindeutig eine nachhaltige oder ESG-Wirkung impliziert.

“Luxemburg – das größte Investmentfondszentrum in Europa und das zweitgrößte der Welt – wird als führend im Bereich der nachhaltigen Finanzen angepriesen”erklärt Martina Holbach. “Der Finanzplatz braucht unbedingt verlässliche Standards für nachhaltige Investments, damit Nachhaltigkeitsfonds, die eine positive Auswirkung auf Umwelt und Gesellschaft versprechen, dieser Verpflichtung auch nachkommen. Ansonsten ist die Luxemburger Fondsindustrie rechtlichen und Reputationsrisiken durch Greenwashing ausgesetzt und riskiert, das Vertrauen von Investoren zu verlieren.”

Nachhaltige Anlageprodukte müssen zu geringeren Treibhausgasemissionen in der Realwirtschaft führen. Greenpeace fordert die Entscheidungsträger in Politik und Finanzaufsicht auf, ein Regelwerk einzuführen, um echte Nachhaltigkeit auf den Finanzmärkten zu fördern. Dazu gehören umfassende Vorgaben für sogenannte nachhaltige Investmentfonds, die diese dazu verpflichten, in wirtschaftliche Aktivitäten zu investieren, die proaktiv und effektiv zum Strukturwandel beitragen und deren Emissionsreduktionspfad mit den Pariser Klimazielen vereinbar ist. Obwohl die EU vor kurzem wichtige regulatorische Änderungen in Bezug auf nachhaltige Finanzen umgesetzt hat [3], weist dieser Rechtsrahmen Lücken und Unzulänglichkeiten auf, die überwunden werden müssen, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen.

Der Luxemburger Finanzplatz kann bei der Erreichung dieser Ziele eine entscheidende Rolle spielen – allerdings nur, wenn er auf Greenwashing zugunsten von legitimen nachhaltigen Finanzprodukten verzichtet.


Anmerkungen:

[1] Der gesamte Bericht “Sustainability Funds Hardly Direct Capital Towards Sustainability. Eine statistische Auswertung von Nachhaltigkeitsfonds in der Schweiz und Luxemburg” (auf Englisch) sowie ein Briefing, das die wichtigsten Punkte zusammenfasst, finden Sie hier.

[2] Der ESG-Impact-Score für konventionelle Fonds lag bei 0,48 im Vergleich zu nachhaltigen Fonds mit einem Score von 0,52 – auf einer Skala von 0 bis 1 (Null entspricht einem sehr negativen Netto-Impact, Eins einem sehr positiven Netto-Impact).

[3] Insbesondere die EU-Taxonomie, die EU-Offenlegungsverordnung für nachhaltige Finanzen (SFDR), Änderungen der Benchmarking-Verordnungen, die Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung (NFRD) und die Finanzmarktrichtlinie (MiFID II).

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