Neue Recherche enthüllt 300 Milliarden Euro an klimaschädlichen Kreditsicherheiten

Brüssel/Frankfurt, 10. März 2021 Am Vorabend einer Sitzung des EZB-Direktoriums landeten Aktivist.innen mit Gleitschirmen auf dem Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt, um gegen die klimaschädliche Geldpolitik der EZB zu protestieren.

Zehn Aktivist.innen von Greenpeace Deutschland landeten auf dem Dach des EZB-Gebäudes und präsentierten ein zwölf mal sechs Meter großes Banner.

Der Protest folgt auf einen neuen Bericht, der aufdeckt, wie die Regeln, die festlegen, welche Vermögenswerte private Banken der EZB als Sicherheiten zur Verfügung stellen können, wenn sie sich Geld leihen, Unternehmen des fossilen Brennstoffsektors begünstigen. Infolgedessen hat die EZB Vermögenswerte im Wert von etwa 300 Milliarden Euro gesichert, wovon über 60 Unternehmen profitieren, darunter Shell, Total, Eni, OMV und Repsol.

Zehn Aktivist.innen von Greenpeace Deutschland landeten auf dem Dach des EZB-Gebäudes und präsentierten ein zwölf mal sechs Meter großes Banner mit der Aufschrift: “Stop funding climate killers!” Ein weiterer Aktivist mit Gleitschirm umkreiste das Gebäude mit einem flatternden Banner, auf dem zu lesen war: “Act on climate now”.

Der Bericht “Greening the Eurosystem Collateral Framework” wurde gemeinsam von der New Economics Foundation (NEF), der SOAS University of London, der University of the West of England, der University of Greenwich und Greenpeace Central and Eastern Europe veröffentlicht.

Jennifer Morgan, Geschäftsführerin von Greenpeace International, sagte: “Bei der Europäischen Zentralbank ist die Begünstigung kohlenstoffintensiver Vermögenwerte weit verbreitet. Anstatt fossile Brennstoffe zu begünstigen, muss die EZB diese toxischen Anlagen sofort ausschließen und die Regeln ändern, um den Klimanotstand, in dem wir leben, zu bekämpfen. Ein grüner und gerechter Übergang zu einer widerstandsfähigen Welt ohne fossile Brennstoffe muss für die EZB an erster Stelle stehen.

Die höhere Anfälligkeit kohlenstoffintensiver Sektoren für klimapolitische Maßnahmen und die Auswirkungen des Klimanotstandes spiegelt sich nicht in dem Wert wider, den die EZB den Vermögenswerten (1) für stark umweltschädliche Aktivitäten zuschreibt. Diese werden dadurch implizit bevorzugt, wenn sie zur Sicherung eines Kredits angeboten werden. Gleichzeitig dominieren sie die Liste der Vermögenswerte, die die EZB als Sicherheiten akzeptiert: Obwohl sie 59% der zugelassenen Unternehmensanleihen im EZB-Sicherheitenrahmen ausmachen, tragen der Sektor der fossilen Brennstoffe, die energieintensiven Industrien, der kohlenstoffintensive Transport und die nicht-erneuerbaren Versorgungsbetriebe nur 24% der Unternehmensbeschäftigung und 29% zur Bruttowertschöpfung bei, so der Bericht.

Die Analyse schlägt drei alternative Szenarien vor, die die EZB annehmen könnte, um den Übergang zu erneuerbaren Energien zu unterstützen und den Klimanotstand zu bekämpfen, um sich so an das Pariser Klimaabkommen anzupassen. Im ersten “klimaangepassten Haircuts”-Szenario könnte die EZB die Haircuts von Anleihen auf der Grundlage des Klima-Fußabdrucks des betreffenden Unternehmens anpassen. Dies würde den Betrag reduzieren, den Banken in Form von Krediten erhalten können, wenn sie die Anleihen von umweltverschmutzenden Unternehmen als Sicherheiten bereitstellen. Im zweiten “kohlenstoffärmeren Szenario mit klimaangepassten Haircuts” würde die EZB zusätzlich zu den klimaangepassten Haircuts Anleihen ausschließen, die mit fossilen Brennstoffen verbunden sind. Im “kohlenstoffarmen Szenario mit klimaangepassten Haircuts” würde die EZB die überwiegende Mehrheit der Anleihen von kohlenstoffintensiven Sektoren ausschließen, was zu einer Reduzierung der Kohlenstoffintensität von Unternehmensanleihen im Sicherheitenrahmen von über 70% führen würde.

Die Veröffentlichung des Berichts erfolgte einen Tag vor der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats.

Ein Aktivist mit Gleitschirm umkreist das EZB-Gebäude in Frankfurt.

Miatta Fahnbulleh, CEO der New Economics Foundation, sagte: “Verschiedene Zentralbanken des Euro-Systems haben das schmutzige kleine Geheimnis in den Regeln des Sicherheitenrahmens der EZB erkannt, aber sie haben angedeutet, dass es optimistisch gesehen 3 bis 5 Jahre dauern könnte, diese Operationen grün zu machen. Leider erlaubt die Klimakrise keine Verzögerungen – wir können es uns nicht leisten, weiter auf transformative Maßnahmen zu warten. Mit diesem neuen Bericht haben wir einen Plan, der die EZB in die Lage versetzen wird, weiter zu gehen und schnell zu handeln, indem sie bei der Ökologisierung ihrer eigenen Geschäfte und des Finanzsystems im weiteren Sinne mit gutem Beispiel vorangeht.”

Daniela Gabor, Professorin für Volkswirtschaft und Makroökonomie an der University of the West of England (UWE) Bristol, sagte: “Die EZB hat erkannt, dass sie den in der Geldpolitik fest verankerten Carbon Bias bekämpfen muss. Wir zeigen, dass sie ihre Regeln für Sicherheiten auf einfache Art und Weise umweltfreundlicher gestalten kann, indem sie Banken keine Kredite mehr für schmutzige Anleihesicherheiten vergibt und ihre Kreditkonditionen (Haircuts) klimagerecht gestaltet.”


[1] einem Abschlag auf den Vermögenspreis, dem sogenannten “Haircut”

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