Es ist allgemein anerkannt, dass der Klimawandel eine der größten Bedrohungen für die Umwelt und unseren Planeten darstellt. Schuld an der globalen Erwärmung und der Zerstörung unseres Klima, sind aber nicht nur das Transportwesen, Fabriken oder dergleichen. Einer der Hauptschuldigen wird oft außer Acht gelassen. Zurecht wird die fossile Brennstoffindustrie als Klimaschurke angeprangert, aber diejenigen, die für die Finanzierung kohlenstoffintensiver Konzerne verantwortlich sind, kommen weitgehend ungeschoren davon: die Finanzindustrie.

Ein von Greenpeace Luxemburg veröffentlichter Bericht über die Klimaauswirkungen der 100 größten luxemburgischen Investmentfonds ergab, dass die Investitionen dieser 100 Fonds die globale Temperatur bis 2050 im Durchschnitt auf 4°C ansteigen lassen – oder in einigen Fällen sogar bis auf 6°C und mehr. Die Wissenschaft ist sich einig: die globale Erwärmung darf die 1,5°C Grenze nicht überschreiten, wenn wir das schlimmste verhindern wollen. Die Anlagestrategie der meisten dieser Fonds berücksichtigt auch nicht die Ziele des Pariser Abkommens. Der unvermeidbare Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft wird sich daher als große Herausforderung für diese Fonds herausstellen und die Anleger laufen Gefahr, große finanzielle Verluste zu erleiden, wenn sich die Fonds nicht anpassen. Daher fordern wir obligatorische Offenlegungspflichten für die von Finanzakteuren finanzierten CO2-Emissionen und an die Ziele des Pariser Abkommens angepasste Investitionen.

Warum dürfen die 100 größten Investmentfonds in Luxemburg viermal so viel Treibhausgas verursachen wie der Rest des Landes? ”
Karikatur von Carlo Schneider

Als Reaktion auf den Bericht von Greenpeace erklärte der Verband der Luxemburger Fondsindustrie (ALFI): „Spätestens bis zum 10. März 2021 müssen Investmentfonds und Vermögensverwalter die Hauptbestimmungen der SFDR einhalten. Alle Investment- und Teilfonds, sprich eigentlich alle Finanzprodukte, die Privatanlegern und institutionellen Anlegern angeboten werden, müssen irgendeine Form von Nachhaltigkeit in ihre Investitionen integrieren.“ [1]

SFD-WAS?!

Die EU-Offenlegungsverordnung für nachhaltige Finanzen (SFDR) trat am 10. März dieses Jahres in Kraft. [2] Infolgedessen sind viele Finanzmarktteilnehmer nun verpflichtet, anzugeben, ob die Auswirkungen ihrer Investitionen auf die Umwelt und die soziale Gerechtigkeit sowohl auf Unternehmensebene als auch auf Produktebene (z. B. einem Fonds) berücksichtigt werden und welche Maßnahmen sie ergreifen, um diese Auswirkungen zu mildern. Als Grund für die Umsetzung der SFDR erklärten EU-Gesetzgeber, dass „Investitionsentscheidungen wesentlich mit negativen Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft verbunden sein könnten, unabhängig davon, ob die Anlagestrategie eines Finanzmarktteilnehmers ein nachhaltiges Ziel verfolgt oder nicht. [3]

Die oben erwähnte Reaktion von ALFI impliziert, dass jetzt alles in Ordnung sei, da die Finanzakteure verpflichtet sind, die ökologischen und sozialen Auswirkungen sowohl ihrer Organisation als auch ihrer Produkte offenzulegen. Die ALFI-Erklärung lässt den Eindruck entstehen, dass die Forderungen von Greenpeace nach Einführung der SFDR hinfällig geworden sind und dass Nachhaltigkeitsprobleme dank der bevorstehenden EU-Vorschriften für nachhaltige Finanzen gelöst werden. Wenn Sie jetzt denken, “das klingt zu gut um wahr zu sein”, haben Sie Recht…

Realitätscheck

Sicher, auf dem Papier hört es sich gut an: Gesetzgeber und Fondsmanager können sich auf die Schulter klopfen, weil sie reaktiv, verantwortungsbewusst und fortschrittlich sind – wahre Vorbilder für nachhaltige Finanzen.

Als die SFDR in Kraft trat, haben wir bei Greenpeace Luxembourg online recherchiert, was die Manager der 100 größten Luxemburger Investmentfonds über das Einhalten der Ziele der Verordnung zu sagen hatten. An Zusicherungen und Selbstlob wurde jedenfalls nicht gespart.

Das PICTET Asset Management bestätigt, dass sie „die Ziele der SFDR und des umfassenderen EU-Aktionsplans unterstützen“ [4], während BlackRock die SFDR als „Schlüsselkatalysator für die Förderung nachhaltiger Investitionen in Europa“ [5] lobt. David Sheasby, Head of Stewardship und ESG bei Franklin Templeton, scheint seinen Kollegen zuzustimmen und behauptet: „SFDR ist ein wichtiger Schritt, um Transparenz und Authentizität bei der Herangehensweise von Investoren bei ESG und Nachhaltigkeit voranzutreiben.“ [6] JP Morgan erklärt, dass ihr „Ansatz für Märkte und Investitionen unser Engagement für Nachhaltigkeit widerspiegelt“ [7], Goldman Sachs bekräftigt ihr „Engagement für nachhaltige Finanzen“ [8] und Allianz Global Investors behaupten, dass „verantwortungsbewusste Investitionen der Kern unserer DNA“ sei. [9]

Wenn Ihnen bei all dieser Offenheit und Gewissenhaftigkeit auch der Kopf schwirrt, so möchten wir Sie daran erinnern, dass diese Vermögensverwalter alle Teil von den 100 größten Luxemburger Fonds sind, die von Greenpeace untersucht wurden. Sie haben eins gemeinsam: sie finanzieren klimaschädliche Unternehmen und ignorieren die Ziele des Pariser Abkommens.

Wir haben uns die Aussagen über die SFDR von Blackrock, Pictet und JP Morgan auf Konzernebene genauer angesehen. Sicher, wir haben detaillierte Erklärungen gefunden, wie diese Unternehmen Nachhaltigkeitsrisiken in ihre Anlageentscheidungsprozesse integrieren. In keiner dieser Aussagen erklärten die Fondsmanager jedoch, ob oder wie sie die Anlagen ihrer Fonds an den Zielen des Pariser Abkommens ausrichten wollen. Tatsächlich gibt es bislang keinen Grund zur Annahme, dass die SFDR-Regulierung allein Investitionen in klimaschädliche Unternehmen verhindert.

Umverteilung von Geldern

Es ist entscheidend diese Verteilung umzustrukturieren und nachhaltige Finanzierungen zu standardisieren. Schließlich ist es eines der drei langfristigen Ziele des Pariser Einkommens, „die Finanzströme dahin zu bewegen, weniger Treibhausgasemissionen zu produzieren und in Einklang mit einer klimaresistenten Entwicklung zu bringen“. Laut dem McKinsey-Bericht „Wie die Europäische Union ohne Kosten einen neutralen Verbrauch erzielen kann muss die EU 28 Billionen Euro in eine Reihe von Schlüsselsektoren (Energie, Verkehr, Immobilien, Industrie, Landwirtschaft und Infrastruktur) investieren um klimaneutral zu sein. Dem McKinsey-Bericht zufolge ist jedoch fast die Hälfte dieser Investitionen derzeit nicht rentabel und daher nicht attraktiv genug für Unternehmen und Privatinvestoren, es sei denn, die politischen Rahmenbedingungen ändern sich grundlegend.

Auftritt Technische Expertengruppe der EU für nachhaltige Finanzen (EU TEG). Die EU TEG schließt derzeit ihre Arbeit über ein weiteres Element des EU-Aktionsplans für nachhaltige Finanzen ab: die EU-Taxonomie für nachhaltige Finanzen. Es handelt sich um ein Klassifizierungssystem, das die Kategorisierung wirtschaftlicher Aktivitäten und Sektoren nach ihrem Einsatz für eine nachhaltige Entwicklung ermöglichen soll. Derzeit werden die Kriterien für Projekte festgelegt, die sich mit Hinblick auf die Berücksichtigung der Umwelt und die Bekämpfung des Klimawandels als „ grün“ qualifizieren. Um in die geplante EU-Taxonomie aufgenommen werden zu können, muss eine Wirtschaftstätigkeit zu mindestens einem Umweltziel wesentlich beitragen und den anderen fünf im Legislativvorschlag festgelegten Umweltzielen „ nicht wesentlich im Weg stehen“. [10]

Aber auch die EU-Taxonomie ist kein Wundermittel. Wie es im Eurosif-Papier „Die EU-Taxonomie: Förderung einer ehrlichen Debatte“ heißt, „ist es unwahrscheinlich, dass in naher Zukunft die Ausrichtung an die Taxonomie ein wesentlicher Faktor für Investitionsentscheidungen sein wird. Derzeit ist es jedenfalls nicht der Fall: Verfügbare Daten zeigen, dass bei der Mehrheit der derzeit vermarkteten nachhaltigen / ESG-Fonds nicht mehr als 10% der Portfolios sich an der Taxonomie orientieren werden.“

Kurz gesagt, die EU-Taxonomie und die SFDR alleine werden nicht zu einer wesentlichen Umverteilung der Investitionen führen, die zur Bekämpfung des Klimawandels nötig ist.

Quelle: Eurosif

Wir brauchen strengere Vorschriften!

Greenpeace begrüßt die Umsetzung einer EU-weiten Verordnung zur Offenlegung von Nachhaltigkeit bei Finanzakteuren. Leere Worte, wie die oben genannten Aussagen von Vermögensverwaltern reichen jedoch nicht aus. Die Offenlegung der Auswirkungen eines Finanzakteurs und dessen Produkte auf die Nachhaltigkeit oder die geplanten Maßnahmen dieser Akteure, um ihre Auswirkungen zu mildern, werden weder die Klimakrise noch andere ökologische oder gesellschaftliche Probleme lösen. Der Finanzsektor muss handeln! Um wirklich etwas zu bewirken, muss die Finanzbranche sich dazu verpflichten, sich grundlegend zu verändern.

Finanzielle Akteure sollten dazu verpflichtet werden:

  • ein klares Engagement zur Erreichung der Pariser Klimaziele einzugehen;
  • unverzüglich eine legitime und umfassende Transparenz über die Nachhaltigkeitsleistung ihrer Produkte umzusetzen; und
  • das eigene methodische Know-how im Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken zu erweitern und dieses in Risikomanagement- und Entscheidungsprozesse einzubeziehen.

Gleichzeitig bedeutet die Einführung der SFDR nicht, dass die luxemburgische Regierung und die Finanzbehörden von ihrer Verantwortung entbunden werden. Sie sollten den Finanzakteuren in Luxemburg helfen, sich durch eine Aufführung unterstützender Maßnahmen an den Pariser Klimazielen auszurichten, und den Austausch bestehender bewährter Verfahren und methodischen Know-hows innerhalb der Branche fördern.

Dennoch, die EU bemüht sich Greenwashing zu verhindern und eine nachhaltige Finanzierung zu fördern – eine Pflicht und eine Chance auch für nationale Regierungen. Unsere finanzielle Stabilität und der Schutz unseres Planeten hängen davon ab.


[1] ALFI Webseite

[2] Empfohlene Lektüre: “FAQ über die EU Sustainable Finance Disclosure Regulation”

[3] Webseite der Europäischen Kommission

[4] PICTET Asset Management Webseite [FR]

[5] BlackRock’s FAQ über SFDR [EN]

[6] Franklin Templeton : The Impacts of Sustainable Finance Disclosure Regulation on the European Distribution Landscape [EN]

[7] Morgan Stanley Erklärung zur Umwelt- und Sozialpolitik [EN]

[8] Goldman Sachs 2019 Nachhaltigkeitsbericht [EN]

[9] Allianz Global Investors Webseite [EN]

[10] KPMG Webseite [EN]

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