Der Europäische Gerichtshof hat sein Urteil im “People’s Climate Case” [1], einer Klage, die 2018 von 10 Familien und einer indigenen Saami-Jugendorganisation eingereicht wurde, verkündet. Die KlägerInnen vertraten die Ansicht, dass ihre Grundrechte von der Klimakrise beeinträchtigt sind. Das EU-Gericht urteilte, die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts (European General Court) zu bestätigen und die Klage aus prozeduralen Gründen abzuweisen. Dieses Urteil unterstreicht einmal mehr den mangelnden Zugang der BürgerInnen zu EU-Gerichten in Umweltangelegenheiten.

Der People’s Climate Case kam vor drei Jahren zustande, als die KlägerInnen beschlossen, die EU wegen unzureichender Maßnahmen gegen die Klimakrise zu verklagen. Diese ursprüngliche Klage wurde ein Jahr später vom Europäischen Gericht abgewiesen, was die KlägerInnen dazu veranlasste, im Juli 2019 Berufung beim höheren Gericht, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), einzulegen.

Nun wurde das endgültige Urteil gefällt. Obwohl eine wachsende Zahl von WissenschaftlerInnen, NGOs, AktivistInnen und BürgerInnen die Forderungen der Kläger unterstützt, hat der Europäische Gerichtshof entschieden, die Klage ohne Anhörung und nur aus verfahrensrechtlichen Gründen abzuweisen. Wir sind enttäuscht über das Ergebnis, weil sich das EU-Gericht hinter Verfahrensgründen versteckt. Dabei spielen nationale Gerichte in ganz Europa und die Europäischen Gerichte eine immer wichtigere Rolle dabei, Regierungen zur Verantwortung zu ziehen.

Neben dem People’s Climate Case wurden in verschiedenen Ländern Klimaklagen eingereicht. Rechtsstreitigkeiten können dazu dienen, ein politisches Momentum zu schaffen und Regierungen zum Handeln in der Klimapolitik zu bewegen. Kürzlich hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte der Klage von 6 portugiesischen Jugendlichen, die vom Klimawandel betroffen sind, aufgrund der “Wichtigkeit und Dringlichkeit der in dem Fall aufgeworfenen Fragen” Vorrang eingeräumt. In den Niederlanden, Irland und Frankreich haben Gerichte die Regierungen wegen ihrer unzureichenden Klimaschutzmaßnahmen verurteilt. Dieser positive Trend ist ermutigend für AktivistInnen in Ländern, in denen es bisher noch keine Klimaklagen gab, aber auch für diejenigen, die bereits in laufende Prozesse eingebunden sind – wie z.B. dem People’s Climate Case. Die KlägerInnen des People’s Climate Case blickten dem Prozess dementsprechend erwartungsvoll entgegen. 

Leider gewährte der Europäische Gerichtshof den vom Klimawandel betroffenen Menschen keinen Zugang zur Justiz. Doch die KlägerInnen des People’s Climate Case werden nicht aufgeben. Auch wenn die Klage nun abgewiesen wurde, werden KlimaaktivistInnen mit wissenschaftlichen Studien, juristischen Aktionen und Kommunikationsarbeit weiterhin Druck auf die politisch Verantwortlichen in der EU ausüben, damit ambitiöse Maßnahmen für den Klimaschutz umgesetzt werden. Die Entscheidung der EU und ihrer Mitgliedstaaten von Ende 2020, ehrgeizigere Emissionsreduktionsziele für 2030 festzulegen, war in diesem Zusammenhang ein Erfolg. Die beschlossenen Ziele reichen zwar nicht aus, um die katastrophalen Folgen des Klimawandels zu verhindern, sind aber ein erster Schritt in Richtung Klimaneutralität. Weitere wichtige Verhandlungen zur Überarbeitung der EU-Klimapolitik werden noch in diesem Jahr folgen. Außerdem werden sowohl das Europaparlament als auch der EU-Rat im Rahmen des europäischen Klimagesetzes die Regeln für die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Klimapolitik verhandeln – einschließlich der Frage, ob die EU-BürgerInnen ihre demokratischen Rechte auf EU-Ebene in diesem Kontext wahrnehmen können sollen. Beides ist von entscheidender Bedeutung für den People’s Climate Case und für weitere zukünftige Klagen. 

Eines steht fest: die KlägerInnen haben den Europäischen Gerichtshof und die EU-Gesetzgeber daran erinnert, dass sie der Klimakrise nicht begegnen können, indem sie sich gegenüber den vom Klimawandel betroffenen BürgerInnen taub stellen. 


[1] Fallnummer: C-565/19

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